Gedanken zum Amateurfunk

 

Als ich zum Amateurfunk kam, war die Kommunikation an erster Stelle. Gemeinsam schöne Unternehmungen machen, mit der Technik vertraut werden, miteinander reden... einfach Kommunizieren! Gleichgesinnte finden, Erfahrungen austauschen, Spaß haben!

 

Doch wie sieht es heute aus? Da sitzen ein paar Wenige da und lernen, lernen, lernen,....

Gesetze pauken, Technik pauken, opfern Zeit! Freizeit! Für was? 

 

Ich sage es euch: 59-73 plus QSL-Karte

 

Da enthält in der Regel die QSL-Karte mehr Informationen als im ganzen QSO ausgetauscht wurde! Aha, dafür also habe ich gelernt. Wer eine Weile Funk betreibt, der weiß, dass mit einer ordentlichen Antenne und 100 Watt im Prinzip die ganze Welt zu erreichen ist. Toll. Und jetzt? Mit Endstufe?! Bringt nix! Mehr als 59-73 kommt dabei auch nicht raus! 

 

Der Sado-Maso des Amateurfunks: Contest. Tagelanges Schuften für ein Wochenende im Extremen! Funkgeräte Endstufen, Antennen.... Ohne PC geht sowieso nix mehr! Man muss ja die ganzen QSO´s nicht mehr von Hand schreiben, geschweige denn von Hand ein ausgeklügeltes Checklog schreiben, sondern man kann diese gleich ins "Logprogramm" eingeben. Und dieses Programm nimmt einem ja sogar schon das Denken ab!! Einfach drauflos schreiben, das Programm weiß, was wohin gehört, und wenn ich die Hälfte nur verstanden habe, sagt mir das Programm aus seiner Datenbank, was ich noch wissen muss! Klasse!

 

3000 "QSO-s" in 24 Stunden...

 

3000 Mal : 59-73....

 

Und in Zukunft? Es gibt ja jetzt schon Spracherkennungsprogramme...... und der PC kann ja den Transceiver steuern. Funkgerät einschalten, PC aktivieren, dann 3 Stunden mit der Frau ins Kino und Abends sich dann darüber freuen, 6 neue Länder ins Loig bekommen zu haben. Ist das Amateurfunk???


Wer kennt sich denn in der Technik, die er betreibt, noch genauers aus? Die wenigsten!  Steckdosenamateure, die vielleicht am Anpassgerät noch etwas selber machen, die Ihre Antenne noch selber gebaut haben, aber das war es dann bei den Meisten. Unter Lebensgefahr auf dem Mast oder Dach herumgeturnt, die 25 zigste Antennenveränderung ausprobiert... ich frage mich,wozu? Wobei die, die die Möglichkeit dazu haben, immer weniger werden! Dank Amtor, Packtor, PSK31, Olivia und zig anderer Methoden geht das auch mit 5 Watt an einem nassen Schnürsenkel 100% um die Welt! Also warum soviel Aufwand für

 

"59-73"???

 

Stichwort Telegraphie! Eine ganz besondere Betriebsart! Kann nicht jeder. Können nicht mehr viele! Zudem nicht nur dieses "verschlüsselte", mit den Fingern miteinander Reden, nein, man muss auch noch die ganzen Abkürzungen kennen! Wobei: Es gibt ja den PC.... ARD, ZDF, ESD, ABS, TRX, UHF, FBI, CIA, .... Aküfi!!!    Ich geb zu, es hat schon seinen besonderen Flair...

 

Und es ist eine Steigerung zu erkennen: 599-73!

 

Lasst uns mal über unsere eigenen Worte nachdenken: ".... ich habe gestern den K5D "gearbeitet"!"

Gearbeitet!!! Schwäbisch "gschafft!" :-) Aha, Funk ist Arbeit! War das Arbeit? Vielleicht schon. 2 Stunden vergeblich gerufen, weil ja nur 100 Watt und alle Anderen 1000 Watt.... 5 Element-Richtantenne, 20m Mast, Vorverstärker,....

 

Gearbeitet.... ich finde diese Wortwahl mehr als daneben, obwohl ich mich auch schon ertappt habe, dass ich mich dieses Jargons betätige! Gearbeitet.... Ich sage doch auch, ich war gestern bei meinen Freunden und wir haben uns den ganzen Abend gut unterhalten. Oder hat von euch einer auch am Wochenende die Schwiegermutter beim Kaffeekränzchen "gearbeitet"? "Also Mutti, wir gehen dann.... war schön, dich gearbeitet zu haben!" 59-73!!

 

Was ist aus unserem Amateurfunk geworden?

 

Er war jahrelang etwas Besonderes. In der Zeit, als es noch nicht so ohne Weiteres möglich wahr, um die halbe Welt zu "Kommunizieren"! Heute ist das allgegenwärtig: Internet, Handy, SMS, Sattelitenfernsehen. Heute ist es doch nichts mehr besonderes, was auf der anderen Seite der Welt passiert, oder? Dank Fernsehen wissen wir ja, wann in China ein Sack Reis umgefallen ist! Heute hat doch JEDER Zugang dazu, oder? Der Amateurfunk hat das Besondere gegenüber früher deutlich verloren! Es reisst fast keinen vom Hocker, wenn er hört, dass wir "um die Welt funken" können. Das macht die Jugend von heute wesentlich zuverlässiger mit dem Internet als wir in Abhängigkeit von Sonne, Wetter und Antenne!

 

Ja, wir sind doch mittlerweile da angekommen, dass wir per Internet uns in weit entfernte Stationen einloggen können um von dort dann QSO,s zu fahren! Die neue Generation von DX???

 

Dafür erhalten wir dann 59-73, very big signal!

 

Also was bringt uns das, wenn wir jetzt neue Interessenten im Verein haben wollen? Es will doch keiner erst noch büffeln und ackern müssen, um das tun zu können, was er eh schon kann? Welchen Grund hätte er den dazu? Wir können die Zugangsberechtigungen zum Funk, egal ob UKW oder KW auch ganz aufmachen, es werden sich die Zahlen der Mitglieder nicht nennenswert, dauerhaft ändern! Die Quantität auf den Bändern wird etwas zunehmen,okay, doch die Qualität wird den Bach runtergehen! Besser gesagt, die Qualität IST schon den Bach runtergegangen!

 

59-73! My Name and QTH? Look at QRZ.com!! QSL via Internet, anstatt wie früher alle persönlichen Informationen im Gespräch auszutauschen. Lieber Masse statt Klasse!

 

Ja, so ist es schon oft! Eigentlich sehr traurig... 

 

Noch zum Thema Bastelprojekte:

Wer hat schon mal ein etwas umfangreicheres Projekt selber durchgezogen? Also etwas mehr wie eine Antenne aus 34 Meter Draht oder eine Primitiv-Matchbox? Ich meine zum Beispiel eine etwas umfangreichere Endstufe oder gar einen Empfänger oder Transceiver? Warum werden jetzt die wenigsten sich melden? Und wenn, warum sind es sehr viele der "Alten"? Klar, die hatten nichts und aus dem mussten sie etwas machen! Heute? Dank Conrad und Reichelt und wie sie alle heissen ist das nicht mehr notwendig! Alles gibt es fertig einschließlich Funktionsgarantie und Reparaturservice!

 

Und wenn sich dann doch einer findet, der basteln will, dann stellt er fest, dass unser "feiner" Lötkolben bezüglich der Bauteile zum Besenstil mutiert ist, die Teile mittlerweile so klein sind, dass man nicht mal mehr auf sie aufdrucken kann, was es ist.Sie sind nur noch mit Uhrmacherlupe überhaupt zu entdecken!

Beim Arbeiten fast nimmer atmen darf, weil sonst die Bauteile wegfliegen, sich womöglich als "Feinstaub" in der Lunge ablagern! 

 

Es war das Besondere, was mich vor mehr als 25 Jahren dazu brachte, in ein Mikrofon zu sprechen. Es war das ganz besondere, mit dem Handfunk durch die Stadt zu laufen und sich mit Funkfreunden zu treffen und die verwunderte Blicke der Passanten zu genießen. Diesen Flair hat der Amateurfunk verloren und er wird es nicht wiederbekommen! Nicht durch Einsteigerlizenzen, nicht durch Freigabe aller möglichen Bandbereiche. Sein Übriges tut die "geniale Information der Medien" über unser Krebsförderndes, gar tödliches Hobby.... Ich will nicht sagen, dass der Amateurfunk tot ist, aber er wird weiter deutlich weniger werden. Und daran werden wir wohl nichts machen können, wenn wir es nicht schaffen, wieder etwas "Besonderes" am Funk zu wecken. Dazu braucht es Ideen, die die Qualität anheben, nicht die sinnlose Massen von nichts wissenden, neuen Mitgliedern!

 

Wir müssen DEN Punkt wieder finden, mit dem wir Interesse bei der Jugend wecken. Nur: Was soll das sein? Ich habe bis jetzt noch nichts entdeckt. Ob es hier wirklich noch was gibt außer Nostalgie.... ich weiß es nicht, es ist mir bei bestem Willen keine Lösung eingefallen!

 

Also helfen wir alle mit, dass es nicht so weit kommt, wie ich hier beschrieben habe, auch wenn es an vielen stellen schon so vorzufinden ist.

 

59-73!