Der Ölwechsel

 

 

Mit 18 Jahren hatte ich erfolgreich meinen Führerschein bestanden und war auf der Suche nach dem Auto meiner Träume. Okay, die Träume schrumpften auf ein realistisches Maß nachdem ich meinen Geldbeutel betrachtet hatte. Das war auch besser so, denn das Käfer Cabrio wäre zum Massengrab meiner sauer verdienten Geldscheine geworden.

 

So wurde es gegen meinen Willen aber im Sinne meines Verstandes der gelbe Golf von meiner Tante. 6 Jahre war er alt, ordentlicher Zustand, „gigantische“ 50 PS und eben Modell „Sparvariante“. Egal, er läuft, er säuft und hatte ein Radio!

 

Schon aus den Zeiten davor mit dem Mockick war man bestens vertraut mit dem Geruch und Geschmack von Öl und Benzin und wusste auch, wie herum man den Gabelschlüssel drehen musste, um Schrauben zu öffnen. Dies war auch gut so, denn dieser Golf brauchte dringendst einen Service, weil meine Tante seit 6 Jahren nicht einmal nach dem Öl geschaut hatte….

 

So setzte ich mich in das Auto und fuhr den Motor schön warm. Zurück in der Einfahrt dann rückwärts auf die Grube in der Garage gefahren. Ja, man hatte noch nicht die Routine und deshalb dauerte es etwas länger. Ging ja auch sehr knapp zu, kaum eine Handbreit Platz auf der Seite, hinten das an der Rückwand der Garage abgestellte Gerümpel… Okay, nach mehrmaligen Vor und Zurück dann endlich an Ort und Stelle, Werkzeug geschnappt und unter das Auto…. Wieder hoch, hatte den Behälter für das Altöl vergessen…. Wieder runter….. wieder hoch, hatte Lappen vergessen…. Wieder runter…. Ach ja, man sollte vor dem Ablassen des Öls auch den Einfülldeckel öffnen, dass genügend Luft nachströmt…. Also rauf, Motorhaube auf, Öleinfülldeckel abgenommen, wieder runter…. (Ha, da war man noch fit!!)

 

Den Ringschlüssel auf die Ölablassschraube, sanftes Ansetzen, Klack, offen! Nun legte ich den Schlüssel auf die Seite und drehte mit den Fingern an der Ölablassschraube…. Hui…. War die heiß!!! Immer nur kurz anfassen…. Ich wusste ja nicht, wie lange diese Schraube war, also ging es Umdrehung um Umdrehung weiter raus. Die Finger schmerzten schon wegen der Hitze und die Schraube nahm kein Ende. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wenn man so eine lange Schraube ausdreht, irgendwann wird man etwas lockerer, vielleicht auch etwas leichtsinniger, denkt nicht mehr so hochkonzentriert an das, was man macht oder was passieren kann, man schweift mit den Gedanken schon in Richtung Öl einfüllen, als plötzlich die Schraube zu Ende ist. Plong-klacker-dong…. Liegt sie im Ölkanister und das sakrisch heiße Öl schießt aus der kleinen Öffnung… nicht senkrecht nach unten, nein…. Das wäre ja viel zu einfach! Aufgrund der Ölwannengeometrie schoss der heiße Ölstrahl im Winkel von 45 Grad aus der Öffnung, knapp über den Rand des Trichters hinaus, traf mich in Brusthöhe und flutete mich über Bauch bis zu den Knien, bis ich überhaupt vor lauter Schreck reagieren konnte. Jetzt, schnell, was tun??? Öl auf Boden laufen lassen? Das gibt Ärger mit Papi. Öl auf mich? Das ist heiß und eklig. Also schnell den Finger draufhalten…. Und so, wie man den Finger auf die Öffnung drückt wird einem klar, dass das jetzt gleich sehr heiß werden wird und das Ausrichten des Trichters am Kanister muss mit Windeseile geschehen!

 

Hektisch habe ich den Trichter herumgerissen und vor die Öffnung gedreht, den Finger, der sich auf der Ölseite schon mehr wie ein Pommes anfühlte, weggezogen und nur noch gekämpft, nicht weiter vom heißen Öl frittiert zu werden. Denn mittlerweile hatte sich das Öl von Bauch und Brust in eine Region bewegt, die mir in diesem Moment sehr heilig wurde und mit Sicherheit in schwarz eingefärbtem Zustand bei der Freundin keinen Einlass mehr bekommen hätte…. Von den eventuellen Brandblasen mal ganz abgesehen….

 

Langsam ließ der Ölstrahl nach und auch ich konnte mich langsam entspannen. Das Öl ist zwar tief in die Klamotten vorgedrungen, hatte aber zum Glück an Temperatur soweit verloren, dass sich das Ganze schon fast wie Nestwärme anfühlte. Wenn ich das gewusst hätte…. Die bereitgelegten Lappen reichten natürlich weder vorne noch hinten zum Aufwischen der Öllache in der Grube, sodass ich es dann wagte, schnell aus der Grube zu steigen, weitere Lappen zu holen um das Chaos wieder in den Griff zu bekommen. Welch ein erotisches, anregendes Gefühl, wenn die mit Öl eingenässten Beinkleider im Schritt jede Bewegung mit saugenden und schmatzenden Geräuschen begleiten…. Zumindest eine erstaunliche Saugleistung des Sweetshirts und der Jeans….

 

Kurzum, es fühlte sich scheußlich an und langsam wurde aus der Hitze eine leichte Kühle, was den Effekt nicht wirklich ins Positive steigerte. Augen zu und durch, dachte ich, jetzt machen wir die Sache fertig. Ach ja, wie kommt man am besten an eine Ölablassschraube, die auf dem Grund eines 20-Liter-Stahlkanisters liegt? Und es wäre ja ein Wunder gewesen, wenn die erste Sauerei die letzte gewesen wäre! Beim Umfüllen des Öls aus dem Kanister in diverse Dosen und Flaschen (Das neue Öl war ja noch in den Dosen und die konnte ich ja erst einfüllen, wenn diese Ölablassschraube eingedreht ist!!) stieß ich leicht eine halb gefüllte Flasche an, die dann umkippte, mit dem Hals auf ein Werkzeug aufschlug und zerbrach….

 

Zwei Stunden später, Ölwechsel vollendet, Altöl in die alten Dosen umgefüllt, gefühlt mehrere Quadratkilometer Lappen verarbeitet, mit allen Tricks versucht, die Ölflecken zu minimieren, war dann mein erster Ölwechsel vollbracht. Jetzt bedarf es eigentlich nur noch einer Idee, wie ich meinem Vater erkläre, warum sich sein sonst so begabter Sohn so dämlich angestellt hat, mit dem Ölstrahl in den Trichter zu treffen und mit welchem Körperpflegemittel die schwarzen Flecken des Altöls an Bauch und tieferen Gegenden entfernt werden können, damit die Freundin nicht tagelang auf Enthaltsamkeit plädiert.

 

 

Das Argument, man könne damit Gleitgel sparen, kam irgendwie nicht gut an….