Schlittschuhlaufen

 

 

Als die letzten aus der Clique dann auch volljährig waren, ergaben sich immer mehr Möglichkeiten der Unternehmungen, weil eigentlich jeder irgendwie an einen fahrbaren Untersatz kam. So spielte es sich irgendwann ein, dass über die Winterzeit regelmäßig Donnerstagabend die ganze Meute zum Schlittschuh laufen fuhr, denn da gab es die Eisdisco mit doppelter Laufzeit, flotter, lauter Musik und vielen bunten Blinklämpchen. Aus dem kleinen Kiosk wurde eine richtige Bar mit Glühwein, Tee, Cola und auch Bockwurst und Pommes.

 

Wir waren im Schnitt so 5, 6 Leute und durch dieses regelmäßige Laufen wurden wir im Laufe des Halbjahres zu richtig guten, flotten Läufern. Bereits im zweiten Jahr nahmen wir an der „Schnellen Runde“ aktiv teil, das heißt, alle, die etwas langsamer unterwegs sind, mussten an den Rand und die „Raser“ hatten für zwei Lieder freie Bahn. Anfangs immer nur vorwärts, irgendwann beherrschte man dann auch das hohe Tempo samt umsteigen in der Kurve auch rückwärts. Das war Adrenalin pur und wer an der schnellen Runde teilnahm, der hatte seine Bewunderer! Klar doch, und wer es dann noch beherrschte, in voller Fahrt sich zu drehen, der war schon fast der King on Ice! Gut, das Drehen hatte ich schon drauf, aber nicht wirklich in voller Fahrt….

 

Mein Kumpel Jojo, der ebenfalls ein sehr guter Läufer war, war sozusagen der Trendsetter der Schlittschuhe. Allerdings hatte er auch einen erhöhten Verschleiß bei den Dingern. Kam er einmal angepfiffen, rammte die Kanten in den Boden zum Bremsen und… kladongschepper…. stürze er und donnerte herftigst gegen die Bande. Zum Glück ist nicht viel passiert. Aber was war geschehen? An seinem Schlittschuh war die komplette Kufe abgebrochen! Auch war er es, der beim Bremsen etwas später dran war, mit der Spitze des Schlittschuhs gegen die Bande donnerte und der komplette Kunststoff vorne zersplitterte!  Aus diesem Grund entwickelte sich hier der geflügelte Satz: Entweder blickt ers nicht oder machts kaputt…  :-)

 

Ja, und dann war da noch meine gute Bekannte Sabine. Sabine kam aus gutem Hause, Geld hatte sie genug, wusste aber auch durch Mitarbeiten im elterlichen Betrieb, woher das Geld kommt. (damals noch DM!) Ich fand sie sehr sympathisch und es war alles an ihr dran! Rotwerd…. Sie hatte eine knackige und kurvige Figur, ganz lange, lockige Haare und einfach den Charme, einen um den Finger zu wickeln. Also hauptsächlich mich…. Tja, so hab ich eben damals fleißig gebaggert und welch geniale Idee, Sabine fragte mich, ob ich nicht mit Ihr Schlittschuh laufen gehen möchte… beziehungsweise hängte sie sofort hinten an: Kannst du überhaupt Schlittschuh laufen? Bei dieser Steilvorlage schaute ich sie etwas verunsichert an und meinte nur: Nöööö … nicht so richtig…. Mit der vollen Absicht, Sabine im wahrsten Sinne des Wortes aufs Glatteis zu führen!

 

Wir trafen uns ein paar Tage später auf dem Eis, nicht zur Discozeit, nein, meinte sie, da wäre zu viel los, das wäre zu hektisch für mich. Ah jetzt ja…. Es war schon schwer, meine geliebten Eishockey-Schlittschuhe im Kofferraum zu lassen und mir so olle Dinger auszuleihen, aber für mein Spielchen war mir das gerade recht.

 

Mit viel Show stellte ich mich also auf die Schlittschuhe und wackelte zum Eis, befolgte kommentarlos jede Anweisung von Sabine, bis ich wie der perfekte Schauspieler halb schepps an der Bande hing und versuchte, die rutschigen Schlittschuhe unter Kontrolle zu bekommen. Ja, ich muss gestehen, sie hat sich wirklich viel Mühe gemacht, mir zu erklären, wie das alles funktioniert…. Kleine Erfolge gab es ja und ich konnte dann so Händchenhaltend (Das war das wichtigste!!) mit ihr um die Kurven wackeln. Sie meinte ja auch, sie könne wirklich gut fahren und sei völlig sicher auf dem Eis! Und sie könne auch rückwärtsfahren, ja sogar im Lauf drehen!! Was ich allerdings hier sah, naja, es war nicht gerade schlecht, aber für eine „Schnelle Runde“ auf der Eisdisco war das nicht zu gebrauchen…

 

Also nervte ich sie noch so lange, bis sie dann endlich mir zeigte, wie gut sie denn rückwärtsfahren könne. Dazu musste ich (Der Anfänger!!) Ihr beide Hände halten, denn sonst würde sie gerne das Gleichgewicht verlieren…. (Aha, so definiert man also „gut rückwärtsfahren“…).

 

Nach geraumer Zeit wurde mir das dann doch irgendwie zu blöde und ich schmiedete folgenden Schlachtplan (Wollte ja von der fast leeren Halle auch noch was haben) Sie fuhr Rückwärts und ich schon langsam immer schneller an…. Zuerst machte sie noch mit, aber dann kam schon recht unsicher: Hey, was machst du, pass auf, dass DU nicht fällst! Hehe, sagte ich, wird es dir zu schnell für Rückwärts? Sie: Nee…. Wackel-wackel…. Okay, dann dreh dich um und fahre vorwärts, packte ihre beiden Hände fest an, drehte das komplette Gespann um …. Und nun fuhr sie vorwärts, ich rückwärts…. Und beschleunigte, beschleunigte… und schaute in zwei weit aufgerissene Augen!! Ich lachte los, rief ihr noch zu, ich düs kurz eine Runde…. Lies ihre Hände los und bretterte eine Runde rückwärts, drehte elegant in der Kurve, holte Schwung, wieder Drehung in die Kurve, rückwärts durch und schon hatte ich sie wieder eingeholt…

Ich schnappte sie am Arm, drehte sie in den Meinen, hielt an und sagte nur noch: Sorry, aber ich wollte wirklich mal wissen, wie du jemandem das Schlittschuhlaufen beibringst….

 

Ich ging in diesem Moment haarscharf einer Ohrfeige aus dem Weg, aber dieses überraschte Gesicht war es mir wert! Understatement kommt immer gut! Wir hatten noch einen sehr unterhaltsamen Abend, schäkerten viel miteinander, wurden aber leider nie ein Paar, hatten aber so einige gemeinsame Unternehmungen!

 

 

Eines aber war sicher, wenn ich bei einer Sache sagte, ich weiß nicht, ob ich das kann, hatte ich jegliche Glaubwürdigkeit bei Ihr verloren….  Sie hat aber mir gegenüber nie wieder übertrieben mit ihrem möglichen Können….