Zimmer-Experimente….

 

 

Bereits mit 7 Jahren habe ich einen Elektronikbaukasten zum Geburtstag geschenkt bekommen, mit dem ich sehr schnell nicht nur die vorgegebenen Schaltungen realisierte, sondern selber richtige Entwicklungen von Schaltungen durchführte oder vorgegebene Schaltungen solange modifiziert habe, bis etwas anderes daraus geworden war. Dem Basteltrieb waren fast keine Grenzen gesetzt und unterstützt von meinem Schwager wurden durch übereifriges Basteln zerstörte Bauelemente auch schnell wieder erneuert.

 

Hier gab es dann so Test wie: Was passiert mit der Leuchtdiode, wenn man langsam die Spannung immer weiter erhöht bis auf den 10-fachen Wert? Oder: Elektrolytkondensatoren müssen richtig gepolt angeschlossen werden. Aber was passiert, wenn man sie falsch herum polt? (Ich sag euch, es knallt und die Fetzen fliegen! Viel schlimmer ist aber die Sauerei vom Elektrolyt. Und stinken tuts auch wie die Pest….)

 

Mit herkömmlichen Batterien wäre das eine teure Sache geworden, deswegen wurde schon gleich das Batterie-Ladegerät meines Vaters verwendet und über eine ordentliche Gleichrichtung und Siebung zum Netzteil umgearbeitet. Und dabei kam dann die Erkenntnis, warum der Gleichrichter, Gleichrichter heisst:

 

Nein, nicht nur, weil er den Wechselstrom gleich richtet, sondern bei Überlast „ Gleich riecht er“ genannt wird! :-)

 

Nach Baukasten 1 gab es dann Baukasten Nr. zwei und drei und die Schaltungen wurden immer größer und umfangreicher. Ja, nicht nur eine einfache Pendelaudition für Mittelwellenempfang wurde gebastelt, sondern auch ein komplettes UKW-Radio! Ja, okay, der Klang des mickrigen Lautsprechers war nicht berauschend und die Empfindlichkeit reichet gerade so für den ortsansäßigen SDR-3 Sender, aber es funktionierte!! Das war die beste Schaltung im ganzen Baukasten, weil hier auch erklärt wurde, wie so ein Sender funktioniert….. Dies war die Grundlage meiner Funkerkarriere! Bereits wenige Tage später arbeitete die Schaltung als Sender und ich konnte mich im Kofferradio selber hören. Die Reichweite war zwar auf wenige Meter beschränkt, aber alleine die Tatsache lies mich wie Albert Einstein und Niels Bohr fühlen!!

 

Die Jahre kamen, die Jahre gingen, zum Leidwesen meiner Mutter wurden in der Zeit zahllose alte Röhrenradios zerlegt und die Bastelkiste mit einer Vielzahl von Bauteilen aufgestockt. Nach anfänglichem Verbot, die alten Dinger einzustecken und mal zu versuchen zu reparieren wurde ein: Pass aber auf, wo du hin fasst, nachdem ich am heiligen Fernsehgerät mit einem geübten Griff einen Fehler beseitigen konnte und der Fernsehabend ohne teuren Fernsehtechniker gerettet war. Hei, ich sag euch, das war eine „heiße“ Zeit. So manches Radio hab ich wieder in die Gänge gebracht und weiter verschenkt, aber auch so manche Überraschungen erlebt.

 

Eingesteckt, eingeschalten, Lichtblitz, Donnerschlag und Rauchwolke bis hin zu übelst stinkenden Germaniumgleichrichter, die ganz langsam den Hitzetod starben, weil die alten Elkos ausgetrocknet waren, alles war geboten. Und ja, ich habe so manches Mal die mahnenden Worte meiner Mutter gehört mit: Pass auf, wo du hin fasst und dass du nix in die Augen bekommst!

 

Wie sehr habe ich die Worte immer in den Wind geblasen, bis ich dann am Tag X aus Versehen in der Hektik den Fehler aller Fehler machte und unachtsam im eingesteckten und eingeschalteten Gerät herum hantierte und dabei den Anodenanschluss der Endstufe berührte. Der Anodenanschluss, das ist ein Anschluss an der Röhre, an dem Hochspannung anliegt. So je nach Radio zwischen 120 und 250 Volt! Ja, ich blieb mit dem vordersten Gelenk des Daumens an diesem Kontakt hängen, der Strom floss über den Daumen durch den Unterarm und am Ellbogen wieder ins Gerät….. Anodenspannung ist Gleichspannung und hat die Eigenschaft, dass sich davon durchflossene Muskeln einfach immer mehr zusammenziehen. Mein Glück im Unglück, durch die Schraubbewegung, die ich ausführte, war ich so in Körperbewegung, dass mich so zu sagen mein zur Seite neigender Körper den Kontakt wieder unterbrochen hat.

 

Direkt am Gelenk sah man dann ein kleines, schwarzes Loch in der Haut und am Ellbogen ebenfalls, genau der Weg, den der Strom genommen hatte. Es roch etwas nach angebranntem Schnitzel und der Schmerz im Arm wurde, nachdem der Schreck nachgelassen hat, fast unerträglich! Kennt ihr richtig starken Muskelkater? Ihr wisst, wie es sich anfühlt, wenn man sich trotz diesem Muskelkater bewegt? Verdoppelt den Schmerz und ihr wisst annähernd, was mich gequält hat….

 

Natürlich durfte Mama das nicht mitbekommen, welch Gedanke, wenn sie mir das Basteln verbieten würde!!

 

Aber nach ein, zwei Tagen konnte ich dann schon wieder den Arm halbwegs normal bewegen und die Brandtflecken begannen abzuheilen….

 

Dieses Ereignis war für mich auch sehr lehrreich. Ich habe aus diesem Grund meine Arbeitstechnik grundlegend angepasst und folgende Vorkehrungen getroffen:

 

1. Arbeite nie mit kurzärmeligen Hemden am Radio

2. Arbeite mit längeren Schraubenzieher (Und zwar Schutzisolierten!)

3. Nimm dir Zeit und mach keine Hektik!

Und 4. Lass dich niemals unüberlegt ablenken….

 

 

Mit 15 kam dann das erste echte Funkgerät ins Haus. Es war ein einfaches CB-Funkgerät, nicht wirklich was dran, aber es funktionierte. Und eigentlich durfte man ja nicht mal an dem Gerät was machen, nur autorisierte Fachwerkstätten!

 

Pah, ich weiß Bescheid, ich kann das! So sammelte ich erste Erfahrung mit der Funktionsweise von Quarzgesteuerten CB-Funkgeräten und deren Eigenarten. Ich habe dieses Gerät unzählige Male auf und zugeschraubt und kannte bald den Schaltplan auswendig und es funktionierte immer noch!  Es überlebte tatsächlich meine ganze Teenagerzeit bis ich mir dann für mein erstes Auto mit 19 ein „neues Gerät“ zulegte. Ja, es war ein Gerät, das den zugelassenen Geräten weit voraus war! Statt einem halben Watt Leistung konnte es 10 Watt, statt 12 Kanäle konnte es 80 und auch so hatte es noch viele Sachen an Bord, was die Freude am Teil steigerte. Ungefähr so zwei Jahre. Die Polizisten gönnten mir dann die Freude nicht mehr. Selbst mein aufopferungsvoller Akt der Rettung durch gewalttätiges Entfernen des Mikrofonkabels konnte die „Einsammelleidenschaft“ der Polizisten nicht schmälern…. Dies war dann das Ende der CB-Funkzeit, das mit einer Zahlung von 100DM und nicht wiederbekommen des Gerätes eingeläutet wurde.

 

 

Und genau zu diesem Zeitpunkt hatte mein Kumpel den ersten Kontakt zum Amateurfunk. Hey, UKW, das 2-Meter-Band, 80 Kanäle!!!! Leistung bis 75 Watt und das alles auch noch erlaubt!!!! Gigantisch! Und so war dann der Sommer 1980 bis einschließlich Herbst 1981 zum Leidwesen meiner Freundin mit Lernen auf die Prüfung, die Prüfung zum Funkamateur  geprägt. Im Freibad wurde Technik gepaukt, beim Tanzen mit den Funkfreunden Gesetze besprochen und auf Funkveranstaltungen unter Aufsicht die großen Geräte bedient…. Bis dann die Prüfung kam. Noch vor dem Prüfungsraum mit den Mitstreitern unterhalten und immer „kleiner“ geworden. Ich hatte etwas mehr als ein Jahr praktisch nur aus dem Frage und Antwortbüchlein sämtliche Fragen gelernt und etwas über den Tellerrand geschaut. Die Leute dort Fernkurs nach xy, Bücher hier und da, Lehrgang von dem, Schulung von dem…. Boah, ich kam mir vor wie ein Looser!

 

Egal, rein in die Prüfung und das Beste gegeben. Und ja, hurra! Es hat gereicht, nicht als Bester, aber egal, ich hatte meine erste Lizenz in der Hand und durfte ab sofort am Amateurfunk teilnehmen! Und nun begann die Bastelei wieder, Antennen, Verstärker, Mikrofone, Frequenzerweiterungen. Meiner Mutter war es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr himmelangst um ihren Sohn, denn die Geräte waren modern und ohne Röhren, da lief alles mit 12 V und ungefährlich.

 

Interessantes am Rande: Meine erste Freundin habe ich über Funk kennen gelernt, meine erste Frau hab ich zum ersten Mal per Funk gehört und meine Ex war es, die bei einem Unfall den Vorteil eines Funkgerätes kennen lernte, weil  es damals noch nicht üblich war, dass jeder ein Handy in der Tasche hatte.

 

 

Diese Lizenz von 1981 habe ich dann 1996 aufgestockt, indem ich die Morsetelegraphie lernte. Ein Jahr lang jeden Mittwochabend mit dem Kumpel zusammen gesessen und über den PC Morsezeichen gehört und gelernt. Und dann war da noch die Technik, die ich nochmal wiederholen musste, weil ich damals nicht genügend Punkte hatte. Eine Prüfung der besonderen Art war das. Bestens vorbereitet durch meinen Kumpel, der mich mit den Technikfragen bald tot gefragt hat, ging ich wie vereinbart zu dieser Prüfung. Als ich vor Ort ankam, war aber alles leer. Ich zu der Frau im Empfang, die nur meinte: Äh… sie sind zu spät dran, die Prüfung hat vor einer halben Stunde begonnen!!! Schreck! Ich ganz selbstbewusst: Kein Problem, ich setze mich dazu, das wird schon passen, wir haben doch für die Technikprüfung 90 Minuten Zeit…

 

Ich kam in das Zimmer, der Prüfer schaute mich an, schaute in die Runde und meinte: Ich habe garkeinen Platz mehr frei…. Komm, setz dich da an die Stirnseite des Tisches…. Wir saßen also zu dritt an einem Tisch, an dem kaum zwei richtig Platz fanden. Ich schnappte den Bogen und hab den Ausgefüllt ohne lange überlegen zu müssen. Und nach 20 Minuten war ich fertig. Das kam mir dann schon etwas komisch vor, deshalb rief ich den Prüfer an meinen Platz mit der Frage: Ist das alles??? Er nahm die Blätter in die Hand, schaute drüber und meinte: Ja, das ist alles! Ich: Okay, ich bin fertig, ich geb dann ab!

 

Ihr könnte euch vorstellen, was mich für Blicke trafen! Da kommt der Looser erst eine halbe Stunde zu spät und gibt dann auch noch als erster ab!!

 

Während ich meine Sachen zusammenklaubte, schaute der Prüfer die Aufgaben durch und als ich an der Türe stand, hob er seinen Kopf, schaute über seinen Brillenrand und signalisierte mit zustimmendem Nicken, dass ich die Prüfung geschafft hatte!

 

Nach der Auswertung hatte ich dann 98 Punkte von möglichen 100. Ein gerade so noch akzeptables Ergebnis, oder??? :-)

 

Die Morseprüfung war dann beim Hören noch recht gut, aber beim Geben von Morsezeichen war dann die Nervosität doch so groß, dass ich einige Fehler machte und der Prüfer mich dann an der Hand nahm und meinte: Junge, ganz ruhig. Jetzt atme mal durch, trink einen Schluck und dann machen wir das nochmal…. Und jepp, dann klappte es und ich ging mit der „großen Lizenz“ nach Hause, der Erlaubnis, alles machen zu dürfen, was erlaubt ist!

 

Und so halte ich auf Kurzwelle Kontakt zur ganzen Welt. Wie sagte mal ein Funker treffen: Normale Bürger haben ihre Freunde in der Nachbarschaft, Funker in der ganzen Welt!