Tage wie dieser!

Es war mal wieder so ein Tag, an dem man mit vollem Elan an ein Projekt geht und mittendrin dann ins Grübeln kommt, ob es wirklich richtig war, damit anzufangen. Es ist schon eine Weile her, da wohnte ich noch im Hegensberg und hatte mein Shak unter dem Dach. Es war warm und unter dem schlecht isolierten Dach konnte man es in kurzen Hosen und viel Wasser so gerade noch aushalten. Die Endstufe FL-2100-Z stand auf dem Tisch und der Deckel war abgeschraubt. Warum auch immer, oder besser gesagt, man wusste schon warum, wollte es aber irgendwie nicht wahr haben, hatte sich der dicke Anodenkondensator so erhitzt, dass sich der Anschluss vom Kondensator abgelötet hatte.

 

Anhand der Arbeitsspuren im direkten Umfeld war auch gut zu erkennen, dass dieses sicher nicht das erste Mal war. Also, das Teil, besser gesagt die Reste ausgelötet und auf die Seite gelegt und den neuen Kondensator wieder eingelötet. Also gewollt. Wirklich, ich hatte die beste Absicht, aber zwei gleiche Kondensatoren sind eben vielleicht sehr ähnlich, aber eben nicht gleich. Die Anschlüsse waren im Gegensatz zum vorherigen Bauteil um 90 Grad verdreht zueinander, sodass ich den zweiten Anschluss einfach nicht mehr so anbringen konnte, wie er war.  Abhilfe schien zu versprechen, wenn ich die zweite Drosselspule kurz löse, um mehr Platz zu bekommen und dann wieder zu montieren. Zumindest war das der Plan. Dieser wurde dann jäh unterbrochen, als beim Lösen der kleinen Schraube das Gewinde auf Endlos stellte und sich die Mutter nicht mehr weiter löste. Aha. War ja alles toll. Bis auf den Platz dazu. Genau das, was man für das grobschlächtige Werkzeug braucht und nicht hat. So fummelte ich mit allen möglichen Zweckentfremdeten Zangen daran herum, bis ich mit der abgewinkelten Sicherungsringzange den besten Erfolg hatte. Endlich ließ sich die Mutter schwergängig von der Schraube ziehen.

 

Schon den nächsten Schritt vor Auge löste sich die Mutter von der Schraube und der Zange und…. pling… fiel sie in das Gerät. Wir kennen das, man war ja nicht darauf gefasst und deswegen ist die Mutter erst mal weg. Es geht ja in diesem Moment nicht wirklich um die Mutter, die ja eh ein defektes Gewinde hatte, aber wo war sie? Endstufe = Strom = Spannung = Hochspannung… nein, dieses Risiko kann man nicht eingehen. Also räumte ich sorgfältig alles auf die Seite, entfernte die Schraube (Dass die nicht auch noch verloren geht) und packte die Endstufe beherzt an den Seiten und drehte sie auf den Kopf. Ein deutliches Klackern-Rascheln war zu hören, was allerdings sich nicht nur nach kleiner Mutter anhörte. Verdutzt schüttelte ich vorsichtig die Endstufe, deren Gewicht in diesem Moment einem erst richtig bewusst wird. Da rasselte und schepperte vor sich hin, das so nicht in eine Endstufe gehört. In diesem Moment fand die kleine Mutter den Weg aus der Endstufe, fiel auf meine Brust und dann auf den Schreibtisch. Glück gehabt! Aber was war das andere Geräusch???

 

Ich entschloss mich, vor Fortsetzung der Reparatur der Ursache auf den Grund zu gehen und schraubte die komplette Unterseite des Gehäuses ab. Und siehe da, hier war schon mal jemand schwer aktiv! Lag doch dort auf der Platine ungefähr 20cm Lötzinn, sauber aufgewickelt zu einem Ring! Zum Glück ist es damals vor Betrieb von der Leiterplatte abgefallen und lag dann von der Innenseite auf dem Gehäuse. Jetzt war Ruhe in der Endstufe und ich montierte die Gehäusehälfte wieder.

 

Wieder widmete ich mich der Lötkunst und schaffte es nach mehreren Anläufen und mittlerweile auch leicht verbrannten Fingern den Kondensator wieder einzulöten. Das war auch einfach, jetzt war ja auch Platz. Nun ging es bei der Drossel wieder ans Werk. Schnell war im Keller eine scheinbar passende Schraube gefunden. Doch wie so oft, der Schein trügt! Sie sah so täuschend zum Verwechseln aus, aber war trotzdem nicht die Richtige. Der Durchmesser war einfach einen Ticken größer und somit passte sie durch den Halter nicht durch. Vielleicht ein Zehntel, vielleicht zwei Zehntel, aber einfach so ums gewisse Etwas nicht! Und wieder fing die Improvisation an. Nein, ich konnte jetzt nicht mit der Feile das Loch etwas weiten, würden doch die Feilspäne in die Endstufe fallen. Also vorsichtig den Halter von der Drossel abmontiert. Sowas geht natürlich reibungslos. Normalerweise. Aber heute war ja kein normaler Tag…. Als ich dabei war, den Haltering von der Drossel abzuziehen, rutschte ich ab, die Drossel witschte mir aus den Fingern und klatschte in die Endstufe rein. Welch Schreck! Vorsichtig hob ich sie wieder raus und war erleichtert, dass an den Hauptkomponenten nicht kaputt gegangen war. Nur die Drossel hatte den unplanmäßigen Freiflug nicht ganz ohne Schaden überlebt. Hier war am Anfang der Wicklung der feine Anschlussdraht abgerissen….

 

So setze ich mich zuerst einmal in meinen Sessel, trank einen Schluck und arbeitete daran, den Puls wieder auf normal zu bringen. Hat das sein müssen? War das so ein typischer Tag, der immer mehr Arbit bringt, als abgearbeitet werden kann? Ich will es nicht verschreien, aber manchmal hat man das Gefühl, alles geht erst einen Schritt entgegen, bevor es wieder vorwärts geht!

 

 So wurde also die Drossel um eine Windung kürzer, frisch angelötet und der ausserhalb aufgeweitete Halter wieder übergeschoben und eingebaut. Ich hatte nach all den Ereignissen ja schon die Gedanken in der Zukunft, was noch alles schiefgehen könnte, doch zum Glück lag ich mit meinem Pessimismus falsch. Es passte sogar die Mutter in die Verdrehsicherung und ließ sich auch gefühlvoll anziehen. So wurde die Reparatur der Endstufe deutlich später fertig als eigentlich gedacht. Aber, Gut Ding braucht Weile und schließlich zählt am Ende nur der Erfolg!

 

Wer jetzt beim Lesen etwas schmunzeln musste, der kennt diese Situationen nur zu Gute! Wären solche Situationen nicht, wäre es doch langweilig, oder? Viel Erfolg bei weiteren Reparaturen, und denkt daran, es passiert nicht nur euch!